Deutschland hat im Jahr 2022 wieder einen deutlichen Rückgang der Verkehrsverstöße verzeichnet. Laut der Jahresstatistik des Kraftfahrt-Bundesamtes sank die Gesamtzahl der Verkehrstaten - sowohl Straftaten als auch Ordnungswidrigkeiten - im letzten Jahr auf nur 200.000 respektive 3,9 Millionen Fälle. Damit setzt sich der abnehmende Trend der letzten fünf Jahre fort.
Zugleich belegen die Daten, dass Frauen in seltener gegen Verkehrsregeln verstoßen. Die Diskrepanz zwischen den Geschlechtern wird noch deutlicher bei Betrachtung spezifischer Ordnungswidrigkeiten. Am größten ist der Anteil der Frauen mit etwa einem Drittel bei den Delikten Abbiegen, Wenden, Rückwärtsfahren und bei Rotlichtverstößen. Geschwindigkeitsverstöße machen zahlenmäßig den größten Teil der Ordnungswidrigkeiten aus – diese werden zu rund 76 Prozent von Männern begangen. Auch bei Delikten in Zusammenhang mit Alkohol, Überholen oder Ladungssicherung dominieren männliche Verkehrsteilnehmer mit 86 bis 98 Prozent. Für die Daten des Kraftfahrt-Bundesamtes gilt: Die Zahl der Ordnungswidrigkeiten beziehen sich jeweils auf alle Personen, die am Straßenverkehr teilgenommen haben und damit auch auf alle Fahrerlaubnisklassen plus Rad- und Rollerfahrer oder auch Fußgänger.
Bei einer annähernd gleichverteilten Gesamtfahrerlaubnisverteilung reflektieren diese Zahlen ein signifikantes Ungleichgewicht im Hinblick auf das Fahrverhalten. Dies gilt jedoch nicht für alle Führerscheinklassen, wie diese Statista-Grafik zeigt. Bei einzelnen Delikten, die eine bestimmte Fahrzeugkategorie stärker betreffen als andere, dürfte der geringere Frauenanteil Teil der Erklärung dafür sein, warum mehr Männer als Frauen diese Ordnungswidrigkeit begehen. Dies dürfte auf den Fall "Ladung" zutreffen, von der mehrheitlich Lastkraftwagen betroffen sein dürften. Hier liegt der Anteil der Frauen mit einem entsprechenden Führerschein bei 37 Prozent. Bei Pkw-Fahrerlaubnissen beträgt der Frauenanteil dagegen 52 Prozent.
Gleichwohl muss man über alle Delikte hinweg einen deutlichen Männerüberschuss konstatieren, der sich nicht hinreichend durch einen geringeren Anteil der Frauen bei den jeweiligen Fahrerlaubnisklassen erklären lässt. Nicht zu vernachlässigen dürfte die Vermutung sein, dass in vielen gegengeschlechtlichen Partnerschaften öfter der Mann das Auto fährt und dementsprechend mehr Männer in den Statistiken zur Ordnungswidrigkeit einfließen. Wie oben erwähnt beziehen sich die Daten jedoch auf alle Verkehrsteilnehm:innen, nicht nur auf Pkw-Fahrer:innen. Dafür, dass bei Paaren häufiger der Mann als die Frau am Steuer sitzt, sind dem Autoren zudem bislang nur Indizien bekannt.
Psychologen haben unlängst festgestellt, dass es deutliche Unterschiede beim Aggressionspotential im Straßenverkehr bei den Geschlechtern gibt. So würden Männer weniger regelkonform fahren und würden das Auto auch zu Zwecken der Machtdemonstration und Selbstdarstellung nutzen. Es spricht also einiges dafür, dass der größere Männeranteil bei den Ordnungswidrigkeiten auf ein nicht adäquates Verhalten vieler Männer im Straßenverkehr zurückzuführen ist. Das Aggressionslevel im deutschen Straßenverkehr könnte dabei in den vergangenen Jahren insgesamt zugenommen haben, wie diese Umfrage des TÜV-Verbands nahelegt.