Mittelfristig gelten Atomkraftwerke für einige Expert:innen als effizienteste Übergangslösung um die weltweiten Klimaziele noch zu erreichen. Kritik gibt es vor allem bezüglich der weitestgehend ungelösten Endlagerfrage und potenzieller Sicherheitsrisiken. Im Zug der grünen Energiewende wurden in Deutschland die letzten Kraftwerke im April 2023 vom Netz genommen, befürchtete Versorgungsengpässe, Blackouts oder Brownouts blieben bislang aus. Während Deutschland innerhalb der Landesgrenzen keinen Atomstrom mehr generiert, sehen die globalen Pläne vor allem aufsteigender Volkswirtschaften anders aus.
Alleine in China befinden sich derzeit 26 neue Atomreaktoren im Bau, 2024 sollen laut aktuellen Daten der World Nuclear Association vier neue Reaktorblöcke ans Netz gehen. Trotz dieser hohen Anzahl neuer Anlagen wächst die Nuklearkapazität der Volksrepublik nur langsam, da das Land seit einigen Jahren deutlich stärker in den Ausbau Erneuerbarer Energien investiert. Derzeit befindet sich China auf dem besten Weg, sein für 2030 gestecktes Ziel von 1.000 Gigawatt installierter Solarkapazität frühzeitig zu erfüllen. Allein 2023 wurden über Anlagen mit einer Gesamtkapazität von über 200 Gigawatt neu ans Netz angeschlossen. Auf Platz zwei hinsichtlich der im Bau befindlichen Atomreaktoren liegt Indien, das bis 2030 acht neue Reaktorblöcke gebaut und an das Stromnetz angeschlossen haben will, gefolgt von der Türkei und Ägypten mit jeweils vier Reaktoren.
Auffällig dabei: Mit China, Indien und Russland, sind drei der fünf BRICS-Mitglieder unter den Top 8. Unter dem Kürzel versteht man seit der Aufnahme Südafrikas 2011 eine lose Vereinigung aufstrebender Volkswirtschaften, zwischen 2001 und 2011 waren die vier restlichen Länder unter dem Begriff BRIC bekannt.
Mit dem 1. Januar 2024 waren Saudi-Arabien, der Iran, Äthiopien, Ägypten, Argentinien und die Vereinigten Arabischen Emirate als neue Mitglieder dazugestoßen. In vier der sechs neuen Mitgliedsländer befinden sich derzeit ebenfalls neue Atomreaktoren im Bau. Neben dem bereits erwähnten Ägypten sollen in den nächsten sechs Jahren in den Vereinigten Arabischen Emiraten, Argentinien und dem Iran neue Reaktoren ans Netz gehen.
In Deutschland stammten 2022 6,4 Prozent des innerhalb des Landes erzeugten und eingespeisten Stroms aus Kernenergie, 47,3 Prozent aus anderen konventionellen Energieträgern. Zur Kompensation der Abschaltung dreier weiterer Atomkraftwerke Ende 2021 wurde unter anderem drei Prozent mehr Strom als im Vorjahr mit Kohle erzeugt.