Am 2. Mai fand in Dresden der Spatenstich für das neue Halbleiterwerk von Infineon statt. Bis 2026 soll die sogenannte Smart Power Fab fertiggestellt werden, 1.000 Jobs sollen dadurch in der Region entstehen. Der Zeitpunkt der Zeremonie, der unter anderem Bundeskanzler Olaf Scholz und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen beiwohnten, war taktisch gewählt: Am 4. Mai veröffentlichte die Neubiberger Firma ihre aktuellen Quartalszahlen, die mit 4,1 Milliarden Euro Umsatz und 826 Millionen Euro Gewinn die Ergebnisse aus dem Vorjahreszeitraum um 25 respektive 76 Prozent übertreffen konnten. Wie unsere Karte zeigt, festigt die erneute Entscheidung Infineons für Dresden die Vormachtstellung Sachsens im Bereich der Halbleiterherstellung.
Laut einer Auflistung von all-electronics.de, basierend auf Daten von Silicon Saxony e.V., und ergänzender Statista-Recherche gibt es derzeit in der sächsischen Landeshauptstadt fünf Fertigungsanlagen für Halbleiter und Wafer. Neben dem 1994 als Teil von Siemens gegründeten ersten Infineon-Werk besitzen dort auch Firmen wie X-Fab, die Halbleiter-Tochter von Bosch und GlobalFoundries aus den USA Fabriken, ergänzt durch zahlreiche Forschungseinrichtungen. Zwei weitere Wafer-Herstellungsstandorte befinden sich im benachbarten Freiberg.
Konkurrenz für Sachsen könnte in Zukunft direkt aus dem Nachbarbundesland Sachsen-Anhalt kommen. Intel, der weltweit zweitplatzierte Chiphersteller gemessen am Jahresumsatz 2022, will im Magdeburger Gewerbegebiet Eulenburg noch dieses Jahr mit dem Bau einer neuer sogenannten Gigafabrik starten, die nach Fertigstellung 3.000 Arbeitsplätze generieren soll. 17 Milliarden Euro will der Konzern in den Standort investieren und damit, so Intel-Chef Pat Gelsinger, "bei der Gestaltung der der digitalen Zukunft Europas in den kommenden Jahrzehnten eine wesentliche Rolle spielen".
Ein weiterer bisher weißer Fleck auf der Halbleiter-Landkarte soll in naher Zukunft im Saarland gefüllt werden. Der US-Konzern Wolfspeed will in Zusammenarbeit mit dem Automobilzulieferer ZF auf einem ehemaligen Kraftwerksgelände in Ensdorf eine Fertigungsanlage errichten, die Produktion soll 2027 anlaufen.
Die zunehmenden Investitionen in den Chip-Standort Deutschland spiegeln sich auch in der Ausfuhr der entsprechenden Produkte wider. Hier belegte Deutschland im Jahr 2020 vor den Niederlanden und Irland mit einem Exportvolumen von 12,8 Milliarden US-Dollar den ersten Platz in Europa. Um Europa als Alternative zu China und Taiwan auf dem Chip-Markt zu etablieren, plant die EU ein umfassendes Maßnahmenpaket unter dem Namen European Chips Act. Am 18. April einigten sich EU-Rat und EU-Parlament auf den genauen Inhalt, eine Verabschiedung gilt jetzt nur noch als Formsache. Ein Kernstück des Pakets ist ein Investitionsschub von rund 40 Milliarden Euro, die unter anderem zur Unterstützung von Startups, der Einführung verbesserter Zertifizierungsverfahren, Kompetenzförderung und der Etablierung eines Frühwarnsystems für Halbleiterengpässe eingesetzt werden sollen.