2022 betrug der unbereinigte Gender Pay Gap in Deutschland 18 Prozent. Der um strukturelle Differenzen bereinigte Verdienstunterschied bei gleicher Tätigkeit, Ausbildung und Berufserfahrung lag bei etwa sieben Prozent. Wie unsere Grafik auf Basis von Daten des Statistischen Bundesamts zeigt, verdienen Männer vor allem im medizinischen, juristischen und wirtschaftlichen Bereich deutlich mehr als ihre weiblichen Kolleginnen.
So liegt der Median-Bruttomonatsverdienst ohne Sonderzahlungen zum Stichmonat April 2022 in der Berufsgruppe Rechtsberatung, -sprechung und -ordnung, zu der beispielsweise Beamt:innen im Verfassungsschutz und Bundesnachrichtendienst, Notar:innen, Richter:innen und Staatsanwält:innen gehören, bei Männern über 3.000 Euro höher als bei Frauen. Dieser Unterschied dürfte zu großen Teilen auf Gehälter in der Privatwirtschaft zurückzuführen sein, da der öffentliche Dienst nach generellen Besoldungstabellen vorgeht. Unterschiede zwischen Beamt:innengehältern könnten beispielsweise durch Elternzeit, die immer noch primär von Frauen genommen wird, erklärbar sein. Ähnlich groß ist die Lücke im Bereich der Fahrzeugführung im Flugverkehr, der Pharmazie und der Human- und Zahnmedizin.
Von den 133 analysierbaren Berufsgruppen, zu denen Vergleichswerte beider Geschlechter vorliegen, verdienen Frauen nur in zehn im Median monatlich mehr als Männer. Besonders ausgeprägt ist der Unterschied an diesem Ende der Skala im Hoch- und Tiefbau. Eine potenzielle Erklärung dafür ist, dass Frauen in diesem Berufszweig potenziell eher administrative Tätigkeiten ausführen. Die Datenlage lässt jedoch keine exakten Schlüsse diesbezüglich zu.
Bis zum Jahr 2030 will die Bundesregierung den Gender Pay Gap im Rahmen einer Gleichstellungsinitiative auf maximal zehn Prozent senken. Nimmt man die Entwicklung der vergangenen Jahre genauer in den Blick, scheint dieses Ziel ambitioniert. Zwischen 2015 und 2022 wurde die Lohnlücke lediglich um vier Prozent gesenkt. Um das vorgegebene Ziel zu erreichen, müsste die Senkung also mindestens verdoppelt werden. Auch im EU-Vergleich hinkte Deutschland 2021 noch deutlich hinterher. Hinsichtlich des nicht um strukturelle Indikatoren bereinigten Pay Gap lag die Bundesrepublik fünf Prozent über dem EU-Schnitt und EU-weit auf dem dritten Platz hinter Estland und Österreich.