Ergebnisse des Verfassungsreferendums in der Türkei 2010
Worum ging es beim Verfassungsreferendum in der Türkei 2010?
Bei der Volksbefragung 2010 stimmten die Türk:innen über eine umfangreiche Reform der türkischen Verfassung ab. In insgesamt 27 Punkten sollte die türkische Verfassung geändert werden. Die zur Abstimmung gestellten Verfassungsänderungen waren sehr viel weitreichender als 2007 und veränderten das Machtgleichgewicht zwischen Parlament und Militär in der Türkei zu Gunsten des Parlaments. Das Militär, das sich stets als Hüter der kemalistischen Prinzipien und des Laizismus der Türkei verstand, wurde deutlich entmachtet. Allerdings machte das türkische Militär in der Vergangenheit auch regelmäßig, in fast jeder Dekade, von dieser umfassenden Macht Gebrauch und putsche gegen die jeweilige amtierende türkische Regierung, was auch zur politischen Instabilität des Landes beitrug. Während die Verfassungsänderung national von der Opposition unisono abgelehnt wurden, sind die Änderungen international sehr viel wohlwollender bewertet wurden, da die Änderungen im Kern darauf abzielten die türkische Verfassung demokratischer und kompatibler mit den Anforderungen an die Mitgliedschaft in der Europäischen Union zu machen. Zentrale weitere Punkte der Verfassungsreform waren die die Stärkung der Grundrechte in der Türkei, insbesondere die rechtliche Stellung von Frauen, Kindern und Minderheiten, sowie Veränderungen im Parteienrecht und eine Justizreform.Warum hat die türkische Regierung 2010 nicht einfach die Verfassung geändert?
Weil der türkischen Regierung hierfür die Rechtsgrundlage fehlte. Bei den türkischen Parlamentswahlen vom 22. Juli 2007 erzielte die AKP 341 Mandate von insgesamt 550 Mandaten in der Großen Nationalversammlung der Türkei (türkisches Parlament). Die Regierung kann einen Antrag zur Verfassungsänderung zur Abstimmung in das türkische Parlament einbringen. Verfassungsänderungen benötigen jedoch in der Türkei eine Zweidrittelmehrheit im Parlament, also eine Zustimmung von mindestens 367 der 550 Mandate, um verabschiedet werden zu können. Wird diese Zweidrittelmehrheit verfehlt, aber zumindest eine Zustimmung von 60 Prozent (330 Mandate) erreicht, hat die türkische Regierung das Recht das Volk im Rahmen einer Volksbefragung über die Verfassungsänderung abstimmen zu lassen.Diese Statistik zeigt das amtliche Endergebnis des Verfassungsreferendums in der Türkei vom 12. September 2010