Statistiken und Daten zur Justiz und Rechtspflege in Deutschland
Innerhalb verschiedener Verfahren durchläuft ein gemeldeter/ entdeckter Gesetzesbruch verschiedene Prozesse und staatliche Instanzen:
1. Das Vor- bzw. Ermittlungsverfahren
Wird eine Strafanzeige oder ein Strafantrag bei der Polizei erstattet, leitet diese nach ihren Ermittlungen alle zugehörigen Unterlagen an die Staatsanwaltschaft weiter. Diese prüft den Sachverhalt anschließend in einem sogenannten Vor- bzw. Ermittlungsverfahren. Mithilfe der Polizei untersucht die Staatsanwaltschaft u. a. die Umstände der Tat, es werden Zeugen vernommen, aber auch Beschuldigte über bestehende Tatverdachte informiert. Besteht ausreichend Grund zur Annahme, dass ein Beschuldigter in einem gerichtlichen Urteil verurteilt werden könnte, reicht die Staatsanwaltschaft eine öffentliche Anklage bei einem Gericht ein.
2. Das gerichtliche Verfahren
Das gerichtliche Verfahren beginnt mit dem sogenannten Zwischenverfahren. Dem Angeschuldigten wird darin die Anklageschrift mitgeteilt; er kann sich zu den Vorwürfen äußern und verteidigen (lassen). Außerdem können gerichtliche Beweiserhebungen angeordnet werden. Ist eine Klage der Staatsanwaltschaft nach wie vor gerechtfertigt, wird ein Eröffnungsbeschluss erlassen und die Anklage zur Hauptverhandlung zugelassen. Beschuldigte werden fortan als Angeklagte bezeichnet und innerhalb einer gerichtlichen Verhandlung wird der Straftatbestand von verschiedenen Perspektiven aus verhandelt (u. a. Angeklagte/r, Zeugen, Sachverständige).
Am Ende des Hauptverfahrens wird das gerichtliche Urteil verkündet, gegen das der oder die Angeklagte gegebenenfalls Berufung oder Revision einlegen kann. Abgeurteilte Personen sind Angeklagte, gegen die Strafbefehle erlassen wurden oder deren Strafverfahren nach Eröffnung des Hauptverfahrens durch Urteil oder Einstellungsbeschluss rechtskräftig abgeschlossen worden sind.
Rechtspflege in Deutschland
Im Jahr 2021 wurden in Deutschland rund 4,88 Millionen Ermittlungsverfahren von Staatsanwaltschaften erledigt, die meisten wurden dabei durch Polizeibehörden eingeleitet (ca. 3,9 Mio.). Aber auch Staats- und Amtsanwaltschaft, Steuer- und Zollfahndungsstellen oder Verwaltungsbehörden leiteten Verfahren ein. Bei dem größten Teil der von der Staatsanwaltschaft erledigten Verfahren ging es um Eigentums- und Vermögensdelikte (ca. 1,5 Mio.). Fast 30 Prozent der 4,88 Millionen Verfahren im Jahr 2021 endeten mit einer Verfahrenseinstellung aufgrund von mangelndem Tatverdacht. Die Dauer der erledigten Verfahren betrug in den meisten Fällen weniger als einen Monat.
Die Anzahl der von Gerichten Abgeurteilten belief sich im Jahr 2020 auf gut 852.000. Als abgeurteilt wird eine Person bezeichnet, wenn gegen sie ein Strafbefehl erlassen wurde oder das Strafverfahren gegen sie nach der Eröffnung des Hauptverfahrens durch ein Urteil oder durch einen Einstellungsbeschluss rechtskräftig abgeschlossen wurde. Verurteilt wurden in Deutschland im Jahr 2020 ca. 699.000 Personen – davon ca. 51.500 nach Jugendstrafrecht und ca. 648.000 nach allgemeinem Strafrecht. Die meisten Verurteilten waren zum Zeitpunkt der Tat erwachsen, d.h. 21 Jahre alt oder älter. Insgesamt wurden im Jahr 2020, wie auch in den Jahren zuvor, deutlich mehr Männer als Frauen verurteilt.
Im Jahr 2021 befanden sich insgesamt rund 44.600 Personen als Gefangene und Verwahrte in deutschen Justizvollzugsanstalten (JVA). Die meisten Strafgefangenen waren zwischen 30 und 50 Jahre alt, die häufigste voraussichtliche Vollzugsdauer lag zwischen einem und fünf Jahren. Im Jahr 2021 befanden sich 589 Strafgefangene in Sicherungsverwahrung.