Sexuell übertragbare Krankheiten (STI) stellen eine große Bedrohung für Wohlbefinden und körperliche Gesundheit dar. Beispielsweise ist eine
nach wie vor nicht heilbar und erfordert eine lebenslange Therapie. Eine Infektion mit bestimmten Humanen Papillomviren (HP-Viren, HPV) begünstigt die Entstehung von Gebärmutterhalskrebs. Und eine unbehandelte Syphilisinfektion kann zu Organschäden und bei schwangeren Frauen zur schweren Erkrankung oder gar zum Tod des Kindes führen. Im Allgemeinen steigt das Risiko einer mit STI infizierten Person deutlich, sich mit HIV zu infizieren.
Laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) sind aktuell mehr als 30 Erreger bekannt, die durch Geschlechtsverkehr übertragen werden können. Die Zahl der weltweiten jährlichen Infektionen mit STI wird auf mehrere hundert Millionen geschätzt. Zwar lassen sich die meisten Geschlechtskrankheiten sehr gut therapieren, und die Verwendung von Kondomen bietet einen guten Schutz gegen eine Übertagung. Dennoch steigen die Fallzahlen seit einigen Jahren z.T. dramatisch an.
Epidemiologische Lage
Nicht nur in Deutschland scheinen STI auf dem Vormarsch zu sein, sondern auch im
Rest von Europa: so hat sich die Zahl der Infektionen mit
Lymphogranuloma venerum (LGV) - einer Sonderform einer genitalen Chlamydieninfektion – im Zeitraum von 2012 bis 2022 europaweit mehr als vervierfacht. Die
Anzahl der Gonorrhö-Fälle hat sich im gleichen Zeitraum verdreifacht und bei
Syphilis nahezu verdoppelt.
Da es in Deutschland seit der Einführung des Infektionsschutzgesetztes 2001 keine Meldepflicht für
Gonorrhö oder Chlamydien gibt, lässt sich hier das Infektionsgeschehen nicht genau beziffern. Schätzungen gehen davon aus, dass Chlamydien mit rund 300.000 jährlichen Neuinfektionen die verbreitetste STI in Deutschland ist. Bis zu 100.000 Frauen könnten in Folge einer unbehandelten Chlamydieninfektion ungewollt kinderlos sein. Besser lässt sich die Lage bei den
meldepflichtigen Krankheiten beurteilen. Vor allem stechen die Entwicklungen bei
Syphilis und
Hepatitis B hervor: so hat sich die Zahl der Syphilisinfektionen in Deutschland in den letzten zwanzig Jahre nahezu verdreifacht, die Zahl der Hepatits B-Fälle kletterte 2023 auf einen Rekordwert jenseits der 22.000 Infektionen und hat sich damit innerhalb einer Dekade verzehnfacht.
Erreger und Übertragungswege
Sexuell übertragbare Krankheiten (STI) können von Bakterien, Viren, Pilzen, Protozoen und Arthropoden verursacht werden. Zu den wichtigsten durch Viren ausgelösten STI gehören
HIV/Aids, Hepatits B sowie Genitalherpes und -warzen. Bei bakteriellen Geschlechtskrankheiten gehören Syphilis, Gonorrhö (Tripper) und Chlamydien zu den wichtigsten Vertretern. Unter parasitäre STI fallen etwa Trichonomiasis, Filzläuse oder Krätze. Abhängig vom Erreger verbreiten sich STI dabei neben sexuellen Kontakten auch über andere
mögliche Übertragungswege wie z.B. die Mutter-Kind-Übertragung, verunreinigte Bluttransfusionen oder Injektionsnadeln.
Für die meisten der sexuell übertragbaren Infektionen gibt es heute wirksame Therapien, nicht alle sind jedoch heilbar. Darüber hinaus hat nicht jeder Mensch Zugriff auf Präventionsmaßnahmen wie Kondome oder Arzneimittel wie Antibiotika. Die Ausbreitung von STI werden noch durch weitere Faktoren begünstigt: einige STI wie z.B. eine Chlamydieninfektion verlaufen zum großen Teil asymptomatisch, so dass Infizierte die Bakterien unbewusst weitergeben. Andere Bakterien wie z.B.
Neisseria gonorrhoeae (Gonorrhö oder Tripper) entwickeln hingegen rasch
Resistenzen gegen Antibiotika, so dass zahlreiche Antibiotika heute nicht mehr oder nur nach Resistenztestung einsetzbar sind.
Wissen über STI ist die beste Prävention
Seit eine
HIV-Diagnose durch die Entwicklung der antiviralen Therapie (ART) seit Mitte der 90er Jahre nicht mehr zwangsläufig ein Todesurteil ist, scheint die Krankheit und mit ihr das Thema Geschlechtskrankheiten insgesamt ein wenig von seinem
Schrecken eingebüßt zu haben.
In Deutschland haben darüber hinaus die Aufklärungskampagnen der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) hinsichtlich sexueller Gesundheit an
Zugkraft und Reichweite eingebüßt. Das Wissen über STI stagniert oder geht zurück. Zwar kennen mehr als
70 Prozent der Erwachsen in Deutschland HIV/Aids und immerhin noch knapp 40 bzw. 30 Prozent Gonorrhö/Tripper bzw. Syphilis. Bei anderen STI wie Chlamydien, Genitalherpes, -warzen oder Filzläusen liegt der Bevölkerungsanteil ohne Kenntnisse allerdings bei rund 90 Prozent und höher. Rund ein
Viertel der deutschen Singles benutzt kein Kondom beim Sex, um die 40 Prozent nur gelegentlich.
Diese Zahlen verdeutlichen, dass die Bemühungen um Aufklärung über das Thema STI weiter intensiviert werden müssen, bietet doch das Wissen über Ansteckungswege und Präventionspraktiken den sichersten Schutz vor einer Infektion. Ein Ausbau bestehender Beratungs- und Testangebote könnte eine frühzeitige Diagnose und Behandlung von STI erleichtern. Darüber hinaus sollte die Diskussion über die Aufnahme von Geschlechtskrankheiten wie Gonorrhö oder Chlamydien in den Katalog der meldepflichtigen Krankheiten nach § 6 des Infektionsschutzgesetzes beschleunigt werden, um das Infektionsgeschehen valide abzubilden.
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